„Vermachen“ ist nicht dasselbe wie „vererben“
Wer sein Testament selbst und ohne den Rat eines Rechtsanwalts oder Notars aufsetzt, sollte sich zuvor über die rechtliche Bedeutung bestimmter Begriffe informieren.
Das eigenhändige Testament
Wer seinen letzten Willen in der Form des notariellen Testaments niederlegt, wird vom beurkundenden Notar umfassend beraten und kann sicher sein, dass die getroffenen Regelungen rechtlich wirksam sind. Man kann sein Testament aber auch selbst formulieren. Damit ein solches Testament gültig ist, muss der Testierende es vollständig selbst von Hand niederschreiben, mit einem Datum versehen und mit seinem vollen Namen unterzeichnen. Man spricht deshalb auch von einem „eigenhändigen“ oder einem „privatschriftlichen“ Testament.
Mangels fachkundigen Rates besteht bei einem solchen Testament natürlich das Risiko, dass es ganz oder teilweise unwirksam ist oder dass es zu einem anderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Ergebnis führt, als vom Erblasser gewollt.
Besonders häufig werden in eigenhändigen Testamenten die Begriffe „vererben“ und „vermachen“ durcheinandergebracht, denn während sie im alltäglichen Sprachgebrauch meist synonym benutzt werden, bedeuten sie rechtlich etwas ganz Verschiedenes.
Die Erbeinsetzung
Der Erbe ist in vollem Umfang Rechtsnachfolger des Erblassers. Das heißt, in dem Augenblick, in dem der Erblasser verstirbt, geht alles, was er zu Lebzeiten sein Eigen nannte, alle seine Rechte und Pflichten auf den oder die Erben über – also nicht nur das Vermögen des Erblassers, sondern gegebenenfalls auch dessen Schulden. Sind im Testament mehrere Personen als Erben eingesetzt, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Die einzelnen Miterben haben an den einzelnen Gegenständen, die im Nachlass vorhanden sind, kein Bruchteilseigentum, sondern sie sind gemeinschaftlich am ungeteilten Nachlass berechtigt. Bei der Erbauseinandersetzung muss die Erbmasse nach denjenigen Quoten unter den Miterben aufgeteilt werden, die im Testament vorgeschrieben sind. Zum Beispiel hat die verwitwete und kinderlose Erblasserin verfügt: „Mein Vermögen vererbe ich zu ½ an den Tierschutzverein Musterstadt und zu je ⅙ an meine Neffen Tick, Trick und Track.“ Damit ist nicht bestimmt, wer welche Vermögensgegenstände bekommen soll, sondern es ist nur die wertmäßige Verteilung des Nachlasses nach den genannten Quoten festgeschrieben. Wer was erhält, muss die Erbengemeinschaft im Rahmen der Erbauseinandersetzung selbst regeln.
Das Vermächtnis
Beim Vermächtnis wendet der Erblasser einer Person einen bestimmten Geldbetrag oder einen bestimmten Vermögensgegenstand zu. Zum Beispiel nimmt der Erblasser neben der Einsetzung eines oder mehrerer Erben folgende Bestimmung in sein Testament auf: „Die Freiwillige Feuerwehr Musterstadt soll 1.000 Euro erhalten.“ (Geldvermächtnis) oder „Meine Bierdeckelsammlung soll mein Skatbruder Bodo Beispiel bekommen.“ (Sachvermächtnis).
Der Vermächtnisnehmer wird nicht Miterbe, gehört also nicht zur Erbengemeinschaft. Er hat lediglich einen gegen die Erbengemeinschaft gerichteten Anspruch auf Herausgabe des Vermächtnisses – also des vermachten Geldbetrages oder des vermachten Gegenstandes. Vom Erblasser angeordnete Vermächtnisse müssen dem Nachlass vor der Erbauseinandersetzung entnommen werden. Anders ausgedrückt: Vermächtnisse schmälern die Erbmasse, die quotenmäßig unter den Miterben verteilt wird.
Da der Vermächtnisnehmer nicht zur Erbengemeinschaft gehört, treffen die Pflichten, die das Gesetz den Miterben auferlegt (zum Beispiel Verwaltung des Nachlasses, Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten) den Vermächtnisnehmer nicht.
Die Testamentsauslegung
Ob mit einer testamentarischen Bestimmung eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis gemeint ist, muss im Zweifelsfall durch Auslegung ermittelt werden. Es geht also darum, herauszufinden, was der Testierende tatsächlich gewollt hat. Hat er zum Beispiel verfügt: „Mein gesamtes Vermögen vermache ich meiner Frau Beate. Meine Briefmarkensammlung soll meine Nichte Daisy erben.“, liegt – entgegen der hier falsch verwendeten Terminologie – eine Erbeinsetzung der Ehefrau und ein Vermächtnis zu Gunsten der Nichte vor.
Unklare Formulierungen führen angesichts ihrer Auslegungsbedürftigkeit leicht zu Streit unter den Miterben. Der Erblasser kann zur Streitvermeidung beitragen, indem er seinen Willen rechtlich korrekt ausdrückt. Die zutreffende Unterscheidung von „vererben“ und „vermachen“ ist ein wesentlicher Beitrag zu diesem Bemühen.
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